Mittwoch, 15. April 2020

Zwischendurch...

Eigentlich war ich auf der Suche nach Minen für meinen Parker Kugelschreiber, den ich seit den 1990ern (! Ich habe den echt seit 30 Jahren ???) verwende.
Diese habe ich natürlich nicht gefunden, dafür aber 6 leere Brillenetuis...Kann ich natürlich jetzt auch nicht wegwerfen - sind noch tadellos...(JA! Ich schüttele eh den Kopf über mich, aber was soll ich machen, ich kann´s einfach nicht.)
Aber das wollte ich gar nicht erzählen, sondern das, was ich sonst noch fand:
Ein sehr altes Mäppchen, in dem ich früher Visitenkarten, Fotos und kleine Merkzettelchen mit mir herumgetragen habe...Eine Fundgrube!
Ein Brief mit einem selbstgedichteten langen Gedicht von meiner Freundin Karin, das sie mir damals schrieb, als ich gefährlich krank im Spital lag. Ein so zartes, herzenswarmes Gedicht mit so viel Hoffnung und Zuversicht - von dieser sonst so rauen, spöttischen Distel - ich weiß bis heute nicht, wodurch ich mir die Freundschaft dieser tollen, wunderbaren Frau verdient habe...
Ich bin damals wunderbarerweise mit dem Leben davon gekommen - die Karin ist vor einigen Jahren schrecklicherweise an einer ähnlichen Krankheit gestorben...

Und noch etwas habe ich gefunden: einen Brief an mich selbst, in dem ich mir überlegt habe, meinen damaligen Mann zu verlassen. Ein Hin und Her der Gedanken, ein Dokument der Trauer, des schlechten Gewissens, der inneren Zerrissenheit, der Verzweiflung und der Einsamkeit.
Ich habe eine Für und Wider Liste angelegt, und wenn ich das jetzt heute so lese, sehe ich, wie schwer das "Warum" in Worte zu fassen war.
Von diesem Brief, den ich auch ungefähr zur Zeit meiner Krankheit geschrieben habe, bis zum endgültigen Entschluss, wegzugehen sind dann noch ungefähr fünf Jahre vergangen...
Und ich finde es im Nachhinein ein bißchen schade um diese fünf Jahre und frage mich: what took you so long?
Denn: die Angst, das eigene Leben zu versäumen und die Neugierde auf alles, das sonst noch passieren kann (und passiert IST) - war dann doch größer, als Sicherheitsdenken und Mitleid.
Wer weiß, was alles noch geschehen wäre, wenn ich den Sprung schon früher geschafft hätte und zur rechten Zeit am rechten Platz gewesen wäre...
Egal. Es ist passiert, wie es passiert ist.
Aber heute denke ich mir: es ist schon gut, wenn man sich alles zweimal überlegt, einen Plan macht und sich bemüht, nicht ungerecht und unfair zu sein - dennoch: allzu lang überlegt ist schad um die Zeit - und was haben wir wirklich außer dem einzigen und wichtigen: unserer Lebenszeit?



Danke, dass Ihr meine Gedanken und Geschichten lest.
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Dienstag, 14. April 2020

Leben in Zeiten von Corona 4

Die einen haben sich gerade daran gewöhnt, nur mehr zu Hause zu sein, allein, mit dem Partner, oder auch noch den eigenen Kindern oder Geschwistern und finden Geschmack daran.
Sie stehen später auf (die Daten der Wasserwerke bestätigen das), sie kochen und essen mehr, sie lesen mehr, sie putzen ihre eigene Wohnung mehr. Dafür rasieren oder schminken sie sich weniger. Die optische Außenwirkung verliert etwas an Bedeutung.
Mit dem Aufsetzen einer Maske beim Einkaufen ist das Make-up darunter ja wirklich wirkungslos...
Frauen flechten sich Zöpfe aus dem langgewachsenen Haar, oder sie greifen beherzt selbst zur Schere und entdecken die Freude an der individuellen Frisur, die sonst wirklich keine andere Frau trägt.
Männer lassen sich erleichtert Bärte wachsen und kraulen sie gedankenverloren beim Zeitunglesen und stellen fest, wie sehr das die Konzentrationsfähigkeit steigert.

Die anderen aber werden von Tag zu Tag unruhiger in ihrer Isolation. Es wurde ihnen seit frühester Kindheit eingelernt, dass man immer etwas zu tun hat, dass man Leistung zu erbringen hat und dass man rostet, wenn man rastet.
Unruhig blicken sie sich zu Hause um und denken:"Man sollte doch was tun. Tu doch was. Jetzt hast Du Zeit. Was könnte man bloß tun?"
Und ihr Blick fällt auf die Zimmerpflanzen, die da auch nur rumstehen und nichts machen. Und die Bilder an der Wand, die da Jahr und Tag hängen. Und die Tapete dahinter, die da auch schon jahrelang klebt. Und dann fällt ihnen auf, dass der Lack an der Tür hier und da abblättert und die Klinke irgendwie schief hängt....
Und als am Abend via TV verkündet wird, dass ab nächstem Tag die Ausgangsbeschränkungen gelockert und verschiedene Geschäfte wieder geöffnet werden dürfen - da kommt aber Leben in die Bude!
Eine Einkaufsliste wird erstellt und gleich frühmorgens um 7h geht es los zum Baumarkt: man braucht unbedingt 3 Säcke Erde, um die Pflanzen umzutopfen, neue Bilderrahmen, ein paar Rollen Tapeten, Farblack für die Türe und Schrauben für die Klinke, und der Rest findet sich dann schon...
Beim Baumarkt angekommen stellt man fest, dass hunderte andere die gleiche Idee hatten und außerdem auch viel zu früh da sind, weil der Markt erst 40 Minuten später als sonst öffnet.
Aber jetzt hat man sich schon so darauf gefreut, endlich wieder etwas tun zu können, da kehrt man jetzt auch nicht einfach wieder um!
Man stellt sich geduldig in die Schlange, man hätte sonst diesen Vormittag eh sonst nichts zu tun, und wartet halt, bis die 70 Leute vor einem und man selbst eintreten darf in den Tempel der Wünsche und man sich endlich, endlich wieder Arbeit heimschleppen darf!

Und so merkwürdig das auch ist, irgendwie ist es auch schön. Es ist schön zu sehen, dass der Mensch ohne Arbeit nicht glücklich ist. Der Mensch arbeitet gern. Das tut er schon als Kind.
Und das ist der Beweis dafür, dass auch bei einem BGE (bedingungslosen Grundeinkommen) die Menschen nicht faul daheim herumsitzen würden, sondern sich mit Lust und Freude und je nach Begabung, Arbeit suchen und finden würden!

Sie müssten es nicht unbedingt alle am gleichen Tag zur gleichen Uhrzeit tun - aber das ist schon wieder eine andere Geschichte...

Montag, 13. April 2020

Leben in Zeiten von Corona 3

Viele Musiker haben in den letzten Tagen auf Facebook oder auf Twitter ihre Quarantäne Songs veröffentlicht und viele haben mir dabei sehr gut gefallen.
Einen möchte ich hier sogar herausgreifen und Euch empfehlen: auf der FB Seite von MONTI BETON hat Toni Matosic mit seinen Kindern jeden Tag einen Song live performt und abgesehen von der sympathischen Ausstrahlung bin ich von der professionellen Musikalität der beiden Söhne beeindruckt: ich weiß, wieviel Arbeit beim Einstudieren eines Songs dahinter steckt und das jeden Tag so unfallfrei live über die Bühne zu bringen und Spaß dabei zu haben: vollen Respekt von mir!!

Für uns war diese Möglichkeit der Präsentation von Anfang an eigentlich nicht so unser Ding, und auf einen Zug aufzuhüpfen, den momentan alle fahren, auch nicht so unseres...
Außerdem war uns diese "Ruhepause von allem" eigentlich auch gar nicht so unwillkommen - ein Rückzug in unser eigenes Refugium ohne Einflüsse von außen hat uns sehr gut getan.
Nur so kommt man auch wieder mal zu sich selbst und zu den Dingen, die man selber tun will und schon lange vorhatte und die nicht durch Aufträge von außen kommen.
Dennoch hat sich eine Melodie aus unserer Erinnerung und wohl auch durch Assoziation herangeschlängelt und uns so lange als Ohrwurm gequält, dass wir beschlossen haben: die muß jetzt raus!
Ein sehr alter Song, der so viel Mut, Zuversicht, Vertrauen und Stärke ausstrahlt, dass es uns ein Anliegen ist, ihn hier auch zu teilen.
Wie bei vielen Dingen gilt auch hier: dies geht vorbei. Je besser wir alle zusammenarbeiten und zusammenhelfen, umso besser wird es für uns alle vorbeigehen und dann:
"We´ll meet again"!




Freitag, 3. April 2020

Leben in Zeiten von Corona 2

Wenn der Trubel plötzlich vorbei ist und man auf einmal mehr mit sich selbst und den eigenen Gedanken beschäftigt ist, ist das ja einigen so sehr unangenehm, dass sie sich verzweifelt Ideen und Anregungen von außen, vom Internet oder aus Zeitschriften erwarten, was sie denn jetzt allein mit sich selber oder der eigenen Familie anstellen können.
Man weiß es nicht mehr selbst, was man tun könnte und kommt auf die abstrusesten Ideen, wie man in Facebook, Twitter und Instagram sehen kann. Teilweise sehr witzig, weil übertrieben, aber teilweise auch traurig oder zumindest merkwürdig...
Ich gebe schon zu, auch ich hab manchmal ein Gefühl der Antriebslosigkeit und der Sinnlosigkeit....aber langweilig, langweilig war mir echt noch nie.
Ich hab eher das Gefühl: Du solltest doch was machen, mach was, Du kannst doch nicht nur so nutzlos herumsitzen..
So als ob ich mir selbst nicht erlauben könnte, einmal im Leben wirklich NICHTS zu tun zu haben, nichts tun zu MÜSSEN.
Zu tun gibt es natürlich immer was. Wenn man etwas tun will, dann findet man was.
Man kann seine Kleidung durchsehen, ausmisten, abgerissene Knöpfe annähen, die Wintergarderobe auf Sommergarderobe umräumen (vorher werden wirs nicht brauchen), das Gleiche mit den Schuhen, die kann man dabei auch gleich putzen. Man kann sein Auto mal innen gründlich putzen, aussaugen und alle Scheiben blitzeblank reiben. Man kann seine Küchengewürze nach Haltbarkeitsdatum durchsehen und erfahrungsgemäß die Hälfte erschüttert in den Müll schmeissen (hab ich wirklich seit 2016 keinen Kümmel mehr verwendet?). Man kann seine Bücher durchsehen, abstauben (das nächste erschütternde Aha-Erlebnis) und 4,5 Stöße aussortieren und für eine spätere Spendenabgabe bei der Caritas vorbereiten. Die restlichen Bücher nach dem Alphabet oder der Farbe oder der Größe nach sortieren.
Ich will Euch nicht länger damit langweilen, aber Ihr seht schon: man könnte eine Menge tun.
Man MUSS es aber auch nicht.
Man darf sich auch mal einen Tag freigeben. Ganz selbstständig und frei.
Oder sich mit Lust eine dieser oder anderer Tätigkeiten aussuchen. Nur eine.
Diese dann mit Lust und Freude ausführen. Wie ein Spiel.
Letztendlich haben wir auch als Kinder ähnliche Spiele mit Ernsthaftigkeit gespielt, könnt Ihr Euch erinnern? Sand in das Küberl, festklopfen, dann umdrehen und langsam den Kübel abziehen, den Turm eine Minute lang zufrieden anschauen und dann mit der Schaufel wieder flachklopfen...
Und wenn wir dann mit dieser einen, freiwillig ausgesuchten Tätigkeit fertig sind, dürfen wir mit uns zufrieden sein und einmal nichts tun. Nichts tun. Und die Freiheit spüren. Ein paar Momente.

In einigen Wochen oder längstens ein paar Monaten werden wir wieder mitten im Trubel sein, im Dauerlauf hin und hergehetzt werden, werden dicht gedrängt in der U-Bahn stehen oder mit dem Auto im stinkenden Stau.
Und dann, in manchen Momenten werden wir uns erinnern:
an diese Zeit, in der alles so ruhig und still war, dass wir plötzlich wieder Vogelgezwitscher und Bienensummen gehört haben und wir werden uns erinnern an die Zeit, in der wir frei unsere Beschäftigung über Tage hinweg gewählt haben und an die Momente, in denen wir einfach nichts getan haben. Einfach nichts. Nur uns selbst gespürt.

Donnerstag, 2. April 2020

Leben in Zeiten von Corona 1

Hätte uns das jemand vor 4 Wochen erzählt:
"Ganz Österreich wird stillstehen. Die meisten Geschäfte werden nicht aufsperren. Kein Restaurant, kein Wirtshaus, keine Bar, kein Beisl, kein Tschocherl wird offen sein..."
Wir hätten über diesen Blödsinn nur mit der Achsel gezuckt. Gibts ja nicht.
Damals haben wir nämlich noch erregt darüber gestritten, ob es hinnehmbar ist, dass man in Gaststätten nur mehr draußen im Freien rauchen darf.
"Was für eine Freiheitsberaubung und Entmündigung der Bürger", wurde getobt.

Jetzt, ein paar Wochen später, wären die meisten froh, wenn sie wenigstens im Freien im 2 Meter Abstand voneinander im Wirtshausgarten sitzen dürften.
Und die Wirten, die vorher über den geringen Umsatz wegen des Rauchverbotes geklagt haben, was wären die jetzt froh, wenn sie wenigstens offen und ein paar Tische besetzt haben dürften!
Wie schnell sich unsere Probleme von gestern relativieren können...
Wir haben jetzt andere Sorgen.

Hoffentlich merken wir uns ein paar Dinge für später, wenn dann alles wieder beim Alten ist:
welches Thema ist danach wirklich nicht mehr "der Rede wert"?