Dienstag, 14. April 2015

Im Inneren des Burgtheaters

Ein Besuch des Burgtheaters ist an sich schon eine beeindruckende Angelegenheit.
Der Eintritt durch das Riesenportal in eine bombastisch große Halle mit einem überdimensional riesenhaften Stiegenaufgang ist einschüchternd und verblüffend.
Noch beeindruckender jedoch war es für mich, das Burgtheater von "hinten" zu betreten.
Durch eine unglaubliche Fügung des Schicksals hatte ich dieses Glück, das Theater durch den Künstlereingang betreten zu dürfen.
Ein Freund, der zur Zeit am Theater beschäftigt ist, hatte uns zu einer Vorstellung eingeladen, und wir waren mit ihm am Bühneneingang verabredet.
Ein paar Minuten mussten wir auf ihn warten und bekamen über den Sprechfunk des Hauses den technischen Check der Einsatzkräfte in den verschiedenen Bereichen dieses Riesenhauses mit.
In völliger Ruhe, mit sanfter Stimme wurden routiniert sämtliche Positionen abgefragt.
Einige Zeit später wurden wir von unserem Freund in Empfang genommen und durften ihn in die Theaterkantine begleiten.
Auf den ersten Blick eine Betriebskantine wie andere auch, nur dass sich unter völlig unscheinbare, normal gekleidete Menschen ein paar Paradiesvögel mischten:
Ein paar notdürftig in zerfetzte, zerrissene, beschmutzt aussehende Kleidung gesteckte junge hohlwangige Männer mit angeklebten langen, verfilzten Haaren. Ein paar junge, theatralisch grell geschminkte Mädchen in Bademänteln, auf dem Kopf zusammengeklatschte Haare unter einem Perückenstrumpf. Ein alter Mann mit langem schlohweißen Haar und meterlangem weißen Bart.
Ein junger halbnackter Mann, der auf der Glatze eine aufgemalte blutige Wunde trug.
Ich fühlte mich wie Luke Skywalker und Han Solo in der Weltraumbar von Star Wars.

Abgesehen von ihrem erstaunlichen Aussehen aber, verhielten sich diese Menschen völlig normal, plauderten, rauchten, tranken, lachten, kamen auch zu unserem Tisch, sprachen ohne besondere Mimik völlig normale Sätze und waren keineswegs nervös.
Dazwischen war ab und zu aus einem Lautsprecher eine auffallend ruhige, sanfte Stimme zu hören, die den Zeitabstand bekanntgab: "Achtung, es sind noch 20 Minuten bis Vorstellungsbeginn." Niemand ließ sich stören.
ICH war nervös und fragte mich, ob ich noch rechtzeitig auf meinen Platz im Zuschauerraum kam - DIE nicht...
5 Minuten vor Beginn war der Raum jedoch merklich leerer geworden und auch wir wurden von einer jungen Dame durch lange Gänge, um mehrere Ecken und über eine Stiege geführt, traten durch eine Tür und waren plötzlich am Rande des Zuschauerparketts - mit ein paar Schritten waren wir an unseren Plätzen, quetschten uns in die Klappsessel, es wurde dunkel -
Mit einem Knall und Getöse begann die Musik, Blitze von Licht erhellten im Stroboskopenstakkato die Bühne und die jungen Leute, die wir gerade noch in Bademänteln ruhig plaudern sahen, tobten, sprangen und rollten grimassierend wie die Wilden über die Bühne!
Es folgten zweieinhalb Stunden herrliches, exzellentes, komisches, ernsthaftes, wunderbares Theater.
Über die Vorstellung selbst könnte ich noch vieles erzählen und schwärmen - aber ich gebe zu: noch viel mehr war ich beeindruckt von dieser geölten Maschinerie, in der alles bis auf das allerkleinste Bißchen berechnet und getimt  ist und in höchster Professionalität wie ein Uhrwerk abläuft.
Und von der Verwandlung der Schauspieler, die vorher in der Kantine höchstens merkwürdig gekleidete Menschen waren, und nun auf der Bühne plötzlich Göttin, Teufel, Säufer oder Verrückte....

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